Viele Leute werfen, wenn sie eine Jackfrucht essen, die Kerne weg, weil sie nicht wissen, dass sie eigentlich eine Delikatesse sind. Der Name BOLOHO ist eine kantonesische Romanisierung des chinesischen Wortes für „Jackfruchtkern“ – und in einem zerklüfteten alten Wohnviertel im Stadtkern der Megalopole Guangzhou entstand 2019 auch der gleichnamige Space.
Ausgehend von ihren Erfahrungen in der modernen Arbeitswelt einerseits und traditionellen Familienmodellen andererseits gründeten die beiden Kreativarbeiterinnen BUBU und CAT BOLOHO als Ergebnis ihres Nachdenkens über die Beziehung des Individuums zu familiären Strukturen und gesellschaftlichem Rollenverständnis. Seitdem versuchen sie, Personen, Organisationen und Communities in ihrem Umfeld zu gemeinsamem Handeln und gegenseitiger Unterstützung zusammenzubringen.
Die Mitglieder von BOLOHO bevorzugen ein „Geschäftsmodell“, das von Freundschaft bestimmt ist, also auf Gleichheit, Selbstdisziplin und gegenseitiger Hilfe aufbaut und nicht auf Hierarchie im Sinne von Macht, Opportunismus und Strafe. Gleichzeitig aktivieren sie die in Gemeinschaften schlummernden Fähigkeiten und zeitlichen Ressourcen, um sich den Möglichkeiten und Herausforderungen etablierter ökonomischer Modelle gemeinsam zu stellen.
BOLOHO ist auch eine Art „Wohnzimmer“ für gemeinsames Arbeiten und Spielen. BOLOHO arbeitet mit dem Reading Room zusammen, einem kleinen Publikationsprojekt, das von Xiaotian Li, Di Liu und Siyan Xie initiiert wurde und das darauf abzielt, Bücher, Archive und Ideen einer größeren Gemeinschaft von Freund*innen vorzustellen. Die älteren Mitglieder von BOLOHO versorgen alle „Kinder“ mit selbstgekochten Mahlzeiten und begleiten Mütter, Väter, Freund*innen und die Kleinsten von BOLOHO beim Erwachsenwerden.
Für die documenta fifteen hat das Kollektiv eine Fabrikkantine des Hübner-Areals in ein kantonesisches Café verwandelt. Der Raum wurde in vier Zimmer unterteilt, in denen jeweils eine Episode der selbst produzierten Sitcom BOLOHOPE gezeigt wird. Die Mitglieder gehören einer Generation an, die mit rührseligen Sitcoms aufgewachsen ist, in denen traditionelle Familienwerte eine große Rolle spielen. BOLOHOPE ist eine zeitgenössische Adaption dieses ideologiebeladenen Genres. Auf den Bildschirmen, die die Räume voneinander trennen, bringen Zeichnungen und Gemälde der Gruppe auf ernste oder auch humorvolle Weise ihre Hoffnungen und Ängste zum Ausdruck. Das Gemälde The Dream of Bolohope (2022) beispielsweise zeigt einen Mikrokosmos im Inneren einer Jackfrucht. Aus dem Kern, der hier mit „d15“ beschriftet ist, kommen Lichtstrahlen mit Wörtern wie „nett“ und „negativ“; sie beschreiben eine gewisse kollektive Euphorie, die sich mit dem Gefühl der Ambivalenz gegenüber der Teilnahme an einer kanonischen Ausstellung mischt. Aber mit einem guten Essen lässt sich wohl jedes Problem lösen. In Zusammenarbeit mit anderen teilnehmenden Kollektiven hat BOLOHO ein Menü mit Rezepten aus so weit entfernten Orten wie Kambodscha, Indien und Chengdu in China zusammengestellt.
Eingeladene Akteur*innen
BUBU刘嘉雯
CAT 黄婉珊
Feng Weijing 冯伟敬
Li Zhiyong 李致恿
Zhu Jianlin 朱建林
Reading Room
Li Xiaotian 李筱天
Liu Di 刘菂
Xie Siyan 谢思堰
Facilitator
He Cong 贺聪
Mitwirkende
Chen Yaxiu 陈亚秀
Christoph Plutte 柯冥
Elaine W. Ho 何颖雅
Feng Er 冯洱
Huangbian Station Contemporary Art Research Center 黄边站
He Xiting 何惜婷
He Yanfei 贺燕霏
Josh 小乔
Kwan Florence 关心芙
Li Cong 李聪
Li Mushi 李木时
Li Yu 李与
Lin Ruizhen 林瑞珍
Liu Yuerong 刘月容
Mambo Wong 王沛然
Mao Rujia 毛茹佳
Rachael Chan 陈可沂
Shao Yuezhu 邵月珠
Tan Jing 谭婧
Tang Shuhua 唐淑华
Wu Kairui 吴凯睿
Wu Wenli 吴文礼
Zeng Jiahui 曾嘉慧
Zhang Jiayi 禾
ZHENGKE 郑可
Zhu Jialiang 朱嘉良