lumbung
Das Praktizieren von lumbung ermöglicht eine alternative Ökonomie der Kollektivität, des gemeinsamen Ressourcenaufbaus und der gerechten Verteilung. lumbung basiert auf Werten wie lokaler Verankerung, Humor, Großzügigkeit, Unabhängigkeit, Transparenz, Genügsamkeit und Regeneration.
Nachdem ruangrupa eingeladen worden war, die Künstlerische Leitung der documenta fifteen zu übernehmen, lud das indonesische Kollektiv seinerseits die documenta dazu ein, Teil seines Ekosistems zu werden. Zu diesem Zweck rief ruangrupa in Kassel das ruruHaus als Treffpunkt, Wohnzimmer und Labor ins Leben. Das Kollektiv setzt sich intensiv mit dem Kasseler Ekosistem auseinander. Nicht nur während, sondern bereits vor und über die 100 Tage der Ausstellungslaufzeit hinaus. Damit steht neben dem Erarbeiten neuer Nachhaltigkeitsmodelle der Aufbau langfristiger zwischenmenschlicher Beziehungen im Zentrum dieser documenta.
ruangrupa versteht lumbung nicht als Konzept, sondern als Praxis. Diese Praxis verändert sich dynamisch in der Interaktion zwischen Menschen. Die documenta fifteen steht daher nicht unter einem bestimmten Motto. Es geht nicht um lumbung, die Ausstellung entwickelt sich vielmehr gemeinsam mit lumbung. Die documenta fifteen praktiziert lumbung. Dies beeinflusst auch den künstlerischen Prozess, der kollektiv entsteht.
Teilen als Praxis
Die lumbung-Architektur dient der Lagerung und der kollektiven Verwaltung von Nahrungsmitteln. Durch Ressourcenteilung und gegenseitige Fürsorge trägt sie zum gemeinschaftlichen Wohl bei. ruangrupa führt diese Tradition des Teilens in der eigenen Praxis fort. Auch die Künstler*innen, Kollektive, Organisationen und Aktivist*innen, die von ruangrupa zur documenta fifteen eingeladen wurden, teilen ihre Ressourcen miteinander: Zeit, Raum, Geld, Fürsorge, Ideen und Wissen.
Neben dem paritätisch aufgeteilten Produktionsbudget erhielten alle lumbung member und lumbung-Künstler*in einen zusätzlichen Betrag. Dieser ging in einen gemeinsamen Topf, aus dem die Mittel auf Grundlage der majelis weiterverteilt werden. majelis ist ein indonesischer Begriff für eine Versammlung, die bei der documenta fifteen etabliert wurde. Die einzelnen Künstler*innen und Kollektive arbeiten damit nicht allein für sich, sondern befinden sich in einem gemeinsamen Arbeitsprozess.
Die documenta fifteen ist keine streng kuratierte Ausstellung, die während der 100 Tage stets dieselbe bleibt. Stattdessen verändern sich die Ausstellungsorte ständig: Sie sind Treffpunkte, Diskussionsforen und Lernorte. Aus Ausstellungshallen werden Wohnzimmer, die Künstler*innen entscheiden gemeinsam über die Nutzung der Orte. So wird die Verwurzelung künstlerischer Praxis im täglichen Leben erfahrbar.
Die documenta fifteen strebt danach, in der Praxis von lumbung, alternative Ansätze von Ökonomie, Kollektivität und Nachhaltigkeit zu erproben. Auch wenn diese Herangehensweise nicht auf den ersten Blick sichtbar ist, ist sie in den Räumen und Programmen vielleicht dennoch spürbar.