Serigrafistas queer

Serigrafistas queer (queere Siebdrucker*innen) verstehen sich ausdrücklich nicht als Gruppe. Seit 2007 trifft sich die „Nicht-Gruppe“ jährlich, um Slogans zu diskutieren sowie Siebe und Schablonen vorzubereiten, mit denen später Drucke für LGBTTTIQ+ Pride-Paraden und feministische Proteste angefertigt werden, die jedes Jahr in verschiedenen Städten Argentiniens stattfinden. 

Eine schwarz-weiß Zeichnung von Menschen in Alltagssituationen

Serigrafistas queer, Zeichnung, 2016, ASK. Archivo Serigrafistas Kuir, Courtesy Serigrafistas queer

2013 begannen sie, in Boedo, einem Viertel in Buenos Aires, das Archivo Serigrafistas Queer (ASK) aufzubauen. Das Archiv macht Siebe und Slogans frei zugänglich, sodass sie durch ihren Gebrauch jegliche Besitzzuschreibung verlieren. „Siebdruck ist für uns nicht nur eine Drucktechnik, sondern eine Art der Selbstfindung. Wir sind so viele und so schwer zu fassen, dass man uns nicht einmal beim Namen nennen kann“, sagen Serigrafistas queer über ihre Praxis.

Seit 2017 bieten Serigrafistas queer auch Workshops für Organisationen, Kollektive und Gruppen an. Die Workshops richten den Fokus nicht auf den Siebdruck als Technik und den fertigen Druck als Endergebnis, sondern vielmehr auf das, was während des Arbeitsprozesses selbst passiert: das Zusammenwirken und Teilen, die Ausführung bestimmten Handgriffe und die Ideen, aus denen neue Projekte hervorgehen. So wird der Siebdruck zu einer Plattform für Poster, T-Shirts, Editionen, Flaggen und andere Medien, aber auch für Kontexte und Allianzen. Studierendengruppen, politische und soziale Organisationen, Fachbereiche und neu entstandene Zusammenschlüsse haben bereits an den Workshops teilgenommen. Ende 2019 initiierten Serigrafistas queer mit dem Gedichtband Me quedé en Karina (Ich blieb in Karina) von Karina Pintarelli ihr Publikationsprojekt Papel Cuis.

Auf der documenta fifteen präsentiert die „Nicht-Gruppe“ Rancho Cuis (2022). Es geht darin um die Ideen des Sorgetragens, Lernens und Teilens. Rancho ist ein Slangwort für prekäre, meist ländliche Lebensräume, ranchear das zugehörige Verb, mit dem eine bestimmte Art zu wohnen beschrieben wird. Das argentinische Protestjahr 2018 hat die Bedeutung dieser Begriffe verändert: Damals verbrachten Demonstrierende Zeit in Behelfsunterkünften – ranchear –, als sie auf die Ergebnisse von Kongressdebatten warteten. Ranchear bedeutete in diesem Moment, aufeinander zu achten, ohne die Erwartung, es käme etwas Konkretes dabei heraus.

Rancho Cuis wird in verschiedenen künstlerischen Interventionen sichtbar: Die erste ist ein Bauprojekt in einem ländlichen Gebiet außerhalb von Buenos Aires. Die zweite ist praktischer und wirtschaftlicher Art: ortsgestaltende Aktivitäten durch kollektives Lernen und intersektionales Heilen mit Organisationen und Kollektiven vor Ort, die an Themen von Gender-Gewalt bis hin zu Landrechten arbeiten. Der dritte Aspekt ist die Übertragung der Erfahrungen von Rancho Cuis von Argentinien nach Kassel. Hinter dem Sandershaus errichten Serigrafistas queer einen Ranch-Bau, dessen Form und Funktion sich während der 100 Tage verändert, in Reaktion auf die Aktivitäten und Bedürfnisse vor Ort. Der Bau beherbergt zudem ihr Archiv.

Eingeladene Akteur*innen

Cecilia Campos
Ana Carolina Fernández Alonso
Mariela Gouiric
Guillermina Mongan
Murillo
Victoria Musotto Delrieux
Mariela Paula Scafati
Moyi Schwartzer

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