Jimmie Durham & A Stick in the Forest by the Side of the Road

Jimmie Durham (1940–2021) war ein in Europa lebender Künstler, Dichter und Schriftsteller. In den frühen 1960er Jahren begann er, sich in der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung zu engagieren. Das Jahr 1964 markiert den Beginn seiner bildhauerischen Tätigkeit. In den 1970er Jahren war Durham Mitbegründer und Vorsitzender des International Indian Treaty Council bei der UNO, wo seine und die Arbeit anderer Mitwirkender zur „Declaration on the Rights of Indigenous Peoples“, der Deklaration der Rechte Indigener Völker, führte.

Ein Foto von Jimmie Durham, er schaut mit zugekniffenem rechten Auge direkt in die Kamera und hat ein schwarzes Halstuch mit grünen Schädelköpfen an.

Jimmie Durham, 2019, Foto: Maria Thereza Alves

International bekannt wurde Durham in den 1980er Jahren mit Objekten und Skulpturen, die aus Materialien wie Stein, Tierschädeln und -knochen sowie Holzschnitzereien bestanden, eine ironische Anspielung auf eurozentrische Vorstellungen von „indianischer Kunst“. 1987 verließ Durham die Vereinigten Staaten, um zunächst nach Mexiko und dann, 1994, nach Europa zu gehen. Ab diesem Zeitpunkt beobachtete er verstärkt auch europäische politische Entwicklungen. Häufig stehen die Zusammenhänge zwischen Geschichte und Umwelt, Architektur und Monumentalität sowie die kritische Betrachtung politischer Machtstrukturen und Narrative über nationale Identität im Mittelpunkt seiner künstlerischen und literarischen Arbeit. Seine Skulpturen, Film- und Videoarbeiten, Zeichnungen und Texte beschreiben allgemeine Verhaltensnormen des Zusammenlebens und das Verhältnis verschiedener Kulturen und Gesellschaften zur Natur.

Jimmie Durham hat weltweit ausgestellt, unter anderem auf der 58. Biennale di Venezia (2019), im MAXXI, Rom (2016), in der Serpentine Gallery, London (2015), im Neuen Berliner Kunstverein (2015), auf der dOCUMENTA (13), Kassel (2012) und auf der documenta IX, Kassel (1992). 2017/18 wurde eine Retrospektive des Künstlers im Hammer Museum, Los Angeles, im Walker Art Center, Minneapolis, im Whitney Museum of American Art, New York, und im Remai Modern, Saskatoon, gezeigt. Durham wurde auf der 58. Biennale di Venezia (2019) mit dem Goldenen Löwen für sein Lebenswerk ausgezeichnet, erhielt den Robert Rauschenberg Award (2017) und den Goslarer Kaiserring (2016). Der Künstler verstarb während der Vorbereitungszeit der documenta fifteen am 17. November 2021.

Das Kollektiv Jimmie Durham & A Stick in the Forest by the Side of the Road entstand aus Jimmie Durhams Idee, eine Gruppe Künstler*innen zu einer Gemeinschaft on the road“ zu versammeln, um gemeinsam einen Beitrag zur documenta fifteen zu entwickeln.

Da die Mitglieder des Kollektivs – Bev Koski, Elisa Strinna, Hamza Badran, Iain Chambers, Joen Vedel, Jone Kvie, Maria Thereza Alves und Wilma Lukatsch – nur lose befreundet sind, erwartete Durham von ihnen nicht, eine einzige gemeinsame Arbeit zu entwickeln. Stattdessen sollten sie Wissen, Empathie und Humor miteinander teilen. Am letzten Abend seines Lebens sagte Jimmie Durham: Was für eine wunderbare Welt – ein Stock im Wald“. Die Lücke, die Jimmie Durham hinterlässt, wurde nach seinem Tod Teil des Arbeitsprozesses des Kollektivs.

Auf seinem Arbeitstisch hatte Durham einen Schildkrötenschädel liegen, den er in einer Skulptur verewigen wollte. Dieser sowie weitere Artefakte, die Durham sammelte, sind gemeinsam mit Arbeiten der acht Mitglieder des Kollektivs auf der documenta fifteen zu sehen. Ihre künstlerischen Beiträge kreisen um verschiedene Vorstellungen von Wissen zu unterschiedlichen Lebensformen und umfassen auch Veranstaltungen für das lumbung-Programm wie Filmvorführungen, Workshops, Vorträge und Publikationen.

Bev Koskis Arbeiten verhandeln Themen wie Erinnerung, Schutz, Widerstandsfähigkeit und Koskis Identität als Angehörige der Ojibway Anishinaabekwe aus Northern Ontario.

Elisa Strinna zeigt zwei Arbeiten aus ihrem Forschungsprojekt People will miss the Earth, das sich mit den Folgen der Erderwärmung und der heilenden Wirkung des Baldrians auf das menschliche Nervensystem auseinandersetzt.

Hamza Badran arbeitet zu neokolonialer Praxis, Apartheid und Rassismus in und außerhalb Europas. Kürzlich besuchte er Kapstadt in Südafrika, um mehr über die neopostkoloniale Realität in der Stadt nach der Apartheid und den Widerstand der Menschen gegen die langjährige weiße Kolonialgewalt zu lernen.

Iain Chambers’ von Jimmie Durhams Kunst und Leben inspirierte Forschung untersucht das Zusammenspiel von Ethik und Ästhetik bei der kolonialen Konstitution der Gegenwart.

Bei Joen Vedels Beitrag handelt es sich um eine Klangarbeit, die seinen Versuch nachzeichnet, die tatarische Sprache zu erlernen – die Muttersprache seiner Partnerin und ihrer Familie. In Zusammenarbeit mit dem Kasseler Ekosistem entsteht darüber hinaus eine live geschnittene Fernsehserie.

Jone Kvie zeigt zwei neue Skulpturen. Die eine entstand aus einem vulkanischen Felsen aus dem Druseltal nahe Kassel und ist im Kasseler Hauptbahnhof zu sehen. Bei der anderen handelt es sich um einen von Hand in Glas geblasenen planetarischen Nebel. Kvies Arbeiten befassen sich stets mit Naturphänomenen und der kontingenten Ästhetik des Alltags.

Maria Thereza Alves’ Projekt erforscht die Geschichte von Pflanzen und Kolonisierung. Mit künstlerischen Mitteln untersucht sie Überlebensstrategien amerikanischer Ureinwohner*innen, indem sie unterdrückter Geschichte Raum und Stimme gibt.

Bei Wilma Lukatschs Beitrag How to Eat Avec Plaisir handelt es sich um ein dialogisches Publikationsprojekt zu Essen und sozialen Rezepten in Kassel und darüber hinaus. Die Reichhaltigkeit der Zutaten und ihrer Geschichten soll Leser*innen dazu anregen, über Essen und Genuss nachzudenken und macht komplexe Geschichten schmeckbar. Das Projekt ist von Jimmie Durham inspiriert, für den Kunstproduktion und die Vermittlung von Geschmack unauflöslich miteinander verbunden waren.

Eingeladene Akteur*innen

Giulia Grechi
Alessandra Marino Al-Mishlab
Micol Bez
Prof. Dr. Susanne Westhoff
Nicole Trigg
Matteo Calore
Marco De stefanis
Linus Bonduelle
Antonio Sequeira Lopes
Karin Mecozzi
Jonathan den Breejen
Rob Ruimers

Victor Santamarina
Najumoeniesa Damon
Rosca Van Rooyen

Iris Stricker Amleh
Larry English
Yana Mikhalina
Flöra Zhabbarova
Farida Miñnullina
Gölnara Mikhalina
Eva La Cour
Jörg Ruckel

Christina Ecknigk
Robin Pach
Felix Knauf
Teilnehmer*innen von Streetbolzer und Offener Kanal Kassel
Jocelyne Reich-Soufflet
Katharina Koch
Stefan Itter
Susanne Wegerich
Ayami Awazuhara

Ausstellungsorte

KAZimKuBa

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