Am 22. Februar 2019 nahm ich gespannt an der Bekanntgabe der Künstlerischen Leitung für die nächste documenta in Kassel teil.
Es lagen bereits verschiedene Gerüchte in der Luft und ich fragte mich, ob die Findungskommission eine kreative Antwort auf die lange Geschichte der individuellen Leiter*innen von documenta Ausstellungen haben würde. Die Antwort dauerte ein wenig, da der Spannungsbogen an diesem Tag etwas gedehnt wurde. Und da waren sie: ruangrupa, ein Künstler*innenkollektiv von neun oder mehr Personen (über die genaue Zahl war sich niemand sicher) aus Jakarta, Indonesien. „Bravo, gut gemacht“, dachte ich. Mir war ruangrupa bekannt und ich wusste, dass sie Sonsbeek’16 kuratiert haben, auch wenn ich die Ausstellung leider nicht besuchen konnte, und ich natürlich wusste, dass sie mit ruruRadio Teil des Radioprogramms Every Time A Ear di Soun der documenta 14 waren, aber ich hatte ruangrupa bis dahin noch nicht persönlich kennengelernt. Ich bin froh, dass sich das bald änderte. An einem Tag im August 2019, es war Mittag und ich war gerade auf dem Weg etwas zu essen, erhielt ich eine WhatsApp-Nachricht von Ajeng, die mich fragte, ob ich nach Indonesien kommen möchte, um an dem ersten Assembly der documenta fifteen teilzunehmen – das bereits in zwei Wochen stattfinden sollte.
„Wow, ja, natürlich, ich packe die Tasche“ waren nicht exakt die Worte meiner Antwort, aber es fühlte sich so an. Schon bald war ich auf dem Weg nach Jakarta, um ruangrupa zu besuchen und mich mit den anderen zukünftigen Teammitgliedern aus der ganzen Welt zu treffen. Dieses erste Zusammenkommen war sehr smart geplant, und wie ich bald lernte, entsprach es der typischen Arbeitsweise von ruangrupa: Wir übernachteten auf dem Campingplatz Tanakita im beeindruckenden Regenwald, ganz in der Nähe von Sukabumi. Jeden Tag saßen wir von morgens bis abends zusammen, wir diskutierten, wir brainstormten, wir lernten voneinander und wir aßen gemeinsam. Die Wahl dieser Umgebung half uns, unsere Egos beiseite zu legen und teamorientiert und konzentriert zu arbeiten. Wir haben vorsichtig ausgelotet, wie die documenta fifteen aussehen könnte. Es war ein wunderbarer Beginn. Die Enterprise war gestartet.