1999, die Abschiedsparty an der Rijksakademie. Ade und ich trinken ein Bier und hängen unseren Fantasien über die vor uns liegenden Jahre nach.
Ich hatte gerade begonnen, für das RAIN-Netzwerk zu arbeiten und entwickelte gemeinschaftliche Projekte zwischen Künstler*inneninitiativen aus Afrika, Asien und Lateinamerika und Künstler*innen der Rijksakademie in Amsterdam. Ade wollte zurück nach Jakarta, um dort mit Freund*innen von der Kunsthochschule eine Initiative zu gründen. Sie sollte die öffentliche und urbane Entwicklung Jakartas im Indonesien nach Suharto hinterfragen. „Wir gehen die Sache sehr langsam an und werden klein bleiben“ versichert Ade am Ende unseres Gesprächs.
Make friends not art – ein Kapitel aus dem Booklet über „Kulturmanagement“, das ruangrupa etwa zehn Jahre später veröffentlichte, sollte für mich zu den wichtigsten Dingen zählen, die ich in den ersten Jahren unserer Zusammenarbeit lernte. Es ist so einfach, aber doch für viele so schwierig zu verstehen, dass künstlerische Zusammenarbeit vor allem menschlich ist.
Bei Dare to lose something – ein weiteres Kapitel – brauchte ich etwas länger, um es zu verstehen. Ich arbeitete mittlerweile für die DOEN Stiftung und hatte das ArtsCollaboratory-Ecosystem mitinitiiert, zu dem auch ruangrupa gehört. Wie kann man in einer Institution auf die Kontrolle und Entscheidungsfindung verzichten, wenn dies doch geradezu zu ihrem Wesen gehört? Nach vielen Jahren der gemeinsamen Auseinandersetzungen haben DOEN, ruangrupa und viele andere gezeigt, dass es möglich ist, wenn alle Seiten ihre eigenen Privilegien und Vorurteile klar erkennen und aufgeben. Während ich mich an der Seite von ruangrupa weiterentwickelte, haben diese drei Maxime für mich und die Netzwerke, die wir gemeinsam aufgebaut haben, eine wesentliche Bedeutung angenommen. ruangrupa blieb nicht klein und auch nicht langsam. Jedes Mal, wenn ich sie besuchte, hatten sie eine andere Größe und Gestalt: sie schufen einen Ort zum Zeitvertreib, ein Netzwerk von Studierenden, ein Festival, einen Shop, einen Ausstellungsraum, einen Radiosender, eine Schule. Sechs Mitglieder, dann zehn, fünfunddreißig, fünfzig und dann wieder nur zehn.
Als farid mir 2015 erzählte, dass sie, die Suche nach Finanzierungsmitteln leid, in eine große Lagerhalle umzögen, den Kapitalismus letztendlich angenommen haben, geriet ich in Panik. War es das nun mit dem gemeinsamen Abhängen, mit dem Credo „make friends not art“? Ich lag offenbar falsch, auch wenn der Wunsch “groß” zu sein vielleicht für eine Weile real war. Letztlich war er aber nur ein Schritt zum Ziel, wieder „klein“ zu werden, um dann in Gudskul ekosistem (Indonesisch für Ecosystem) zu münden: Statt groß zu werden, viele zu werden.