18.6.2020

Künstlerisches Team: Laras Story

Schwarze comic-ähnliche Zeichnung die Lara Khaldi darstellen soll. Sie trägt schwarze kurze, dichte Harre, trägt eine Brille und lächelt mit geschlossenen Augen.
Daniella Fitria Praptono, Zeichnung von Lara Khaldi, 2020

Ich bin ruangrupa 2013 im Rahmen einer Recherchereise mit Kollegen*innen des De Appel Curatorial Programme begegnet.

Die Reise ließ uns nahezu unangenehm als Ethnograf*innen erscheinen: Kurator*innen, aus dem „Zentrum“ (Europa, Kuratieren usw.) an den „Rand“ kommend. Das Komische daran war, dass die meisten von uns nicht aus diesem so genannten Zentrum stammten, sondern aus ehemaligen und aktuellen Kolonien, sodass diese Zuordnung eher peinlich als ein Indiz für ein Privileg war.

Unser Terminplan war im Voraus festgelegt und mit Adressen ergänzt worden. Dies funktionierte dort, wo wir bislang waren, wunderbar, passend zu den weltreisenden Kurator*innen, die wir werden wollten. Wir landeten in Jakarta und das Chaos nahm seinen Lauf. Wir steckten über Stunden im Stau, verirrten uns, kamen zu den meisten Treffen zu spät und verpassten beinahe ebenso viele. Verzögerungen und Nichterscheinen unterliegen in Jakarta einer kollektiven und nicht der Verantwortung des Einzelnen. Alle sind gemeinsam spät; alle sind gemeinsam pünktlich… Eine Stunde zu spät erreichten wir schließlich den “Raum-mit-Apartment“ von ruangrupa. Wir wurden herzlich empfangen, über unsere Verspätung wurde nur gelacht. Ade deutete auf eine Sitzgelegenheit… Wir zögerten, schauten zur Couch und wieder zurück auf Ade, denn auf der Couch lag jemand und schlief. Ade lachte und sagte, wir sollten uns nicht um Andan kümmern, er schlafe gewöhnlich sehr tief, wir sollten uns doch einfach um ihn herum setzen. Wir redeten eine Weile und aßen zusammen, als Ade mich fragte, woher ich komme. Ich antwortete Palästina und plötzlich rief Andan aus dem Tiefschlaf „AHLAN WA SAHLAN“. Er setzte sich auf und sprach mit mir in perfektem modernen Hocharabisch. Alle hörten gespannt zu, obwohl sie die Sprache nicht kannten. Nachdem Andan ausgeredet hatte, winkte er und sagte „Lasst uns Kaffee trinken und aufwachen“.

Mir fiel danach auf, dass die Menschen hier an allen möglichen Orten zwischendurch ein Schläfchen hielten, an öffentlichen Plätzen, unter Treppen, im Schatten eines Baumes… Schlaf ist keine private, individualisierte Angelegenheit. Es ist wohl das Vertrauen in die Gemeinschaft, das dafür sorgt, dass die eigene Verletzlichkeit, die Verspätung, das Versagen und der Erfolg geteilt werden und nicht nur dir selbst gehören.

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