Veranstaltung
lumbung Film: GDR International #3
Diese Veranstaltung ist Teil des Meydan #2-Programms. Vom 12. bis zum 14. August 2022 bietet Meydan #2 neben dem Programm von lumbung Film ein Musikprogramm, einen Flohmarkt, Gespräche, Workshops sowie Kulinarisches und Getränke.
lumbung Film: GDR International #3
Ausgehend von der bemerkenswerten Gegenwart von Archiven als Spuren parallel verlaufender Geschichte und Netzwerken der Solidarität bei der documenta fifteen dokumentiert GDR INTERNATIONAL den Einfluss der internationalistischen Agenda der DDR auf die Filmproduktion und -politik des Landes.
17.15 Uhr: Oyoyo
Regie Chetna Vora, DDR 1980, 45 Min, DCP, Deutsch mit englischen Untertiteln
Gespräche mit ausländischen Studierenden der Hochschule für Ökonomie in Ost-Berlin, gefilmt in einem Wohnheim, durch dessen Gänge jenes guineische Befreiungslied schallt, welches dem Film seinen Namen gibt. Chetna Voras von ihrem Partner Lars Barthel gefilmte Begegnungen mit Studierenden aus Kuba, Chile, der Mongolischen Volksrepublik, Äthiopien und Guinea-Bissau bewegen sich leichtfüßig zwischen Alltagsroutinen, Momenten der Stille, Freude und Nostalgie sowie längeren Gesprächen über persönliche Hoffnungen und Pläne. Der Film macht die Atmosphäre gegenseitigen Vertrauens greifbar, die seine Entstehung erst ermöglichte, und bietet Einblick in den Alltag einer „internationalen Gemeinschaft“, die sich der Flüchtigkeit ihres Bestehens bewusst ist. Berlin und die DDR werden dabei kaum erwähnt, und bis auf Anfangs- und Schlussszene besteht der Film ausschließlich aus Innenaufnahmen.
Gast: Cornelia Klauß.
Gespräch auf Deutsch mit Übersetzung in englische Sprache.
19 Uhr: Lesung und Film
Ein unveröffentlichtes Transkript aus dem Jahr 1993 dokumentiert ein Gespräch zwischen der Filmemacherin Tamara Trampe und der Filmprofessorin Christiane Mückenberger, zweier wichtiger Protagonistinnen des DDR-Films der 1980er Jahre, über ihre Erinnerungen an Chetna Vora und die Umstände, die zur Konfiszierung ihres Abschlussfilms Frauen in Berlin an der Hochschule für Film und Fernsehen der DDR, in Potsdam-Babelsberg führten. Auszüge aus diesem Gespräch liest die Filmwissenschaftlerin Cornelia Klauß, selbst Absolventin der Schule und Mitherausgeberin des Bandes Sie: Regisseurinnen der DEFA und ihre Filme, einer umfassenden Bestandsaufnahme der Arbeiten weiblicher Filmschaffender innerhalb des staatlichen Produktionssystems der DDR.
Lesung auf Deutsch mit Übersetzung in englische Sprache.
Frauen in Berlin (aka Schattenbilder)
Regie Chetna Vora, DDR 1982, 139 Min., DCP, Deutsch mit englischen Untertiteln
Gespräche mit Frauen unterschiedlichen Alters und Herkunft, die fast ausschließlich in deren Wohnungen in Berlin gefilmt wurden. Die Berichte der Protagonistinnen drehen sich um Geschlechterverhältnisse und den Alltag in einer Gesellschaft, deren utopische Versprechen verblassen, aber doch noch nicht ganz ohne Einfluss auf persönliche Entscheidungen und Pläne bleiben. Der Film sollte Chetna Voras Abschlussarbeit an der Hochschule für Film und Fernsehen der DDR werden. Nach einer Voraufführung des zweistündigen Rohschnitts für Kommiliton*innen und Lehrende verlangte die Schule jedoch eine Kürzung auf fernsehkompatible dreißig Minuten. Als Chetna Vora sich weigerte, verhinderte die Schule schließlich die Fertigstellung des Films und zerstörte das gesamte Rohmaterial. Die Umstände, unter denen der Film letztlich doch überlebte – Vora selbst filmte ihn in einer Nacht-und-Nebel-Aktion mit einer Videokamera ab – macht Frauen in Berlin zu einem Zeugnis von Widersprüchen hinter der fortschrittlichen Fassade der DDR.
lumbung Film: GDR International wird kuratiert von Tobias Hering.
Tobias Hering ist freier Kurator und lebt in Berlin und Mecklenburg. Fokus seiner Arbeit sind thematische Filmprogramme, die sich mit bildpolitischen Fragen und der Rolle von Archiven beschäftigen. Zu den Projekten der letzten Jahre gehörten Sagen Sie’s den Steinen – Ausstellung, Programmreihe und Retrospektive zum Werk von Danièle Huillet und Jean-Marie Straub in der Akademie der Künste Berlin, 2017 (gemeinsam mit Annett Busch), The gatekeepers exist to be overthrown, eine dreiteilige Hommage an den New Yorker Filmkurator Amos Vogel im Kino Arsenal in Berlin (2021–2022) sowie mehrere Programmreihen zu migrantischer Filmarbeit in der BRD und DDR, unter anderen für das Zeughauskino Berlin, das Filmmuseum Frankfurt und das Kurzfilmfestival Hamburg. Seit 2011 ist Tobias Hering an der Programmarbeit des Kasseler Dokfests beteiligt. Bei den Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen leitet er seit 2018 die archivbasierte Sektion re-selected. Er ist Mitherausgeber mehrerer Anthologien, zuletzt Tell It to the Stones: Encounters with the Films of Danièle Huillet and Jean-Marie Straub (Sternberg Press, 2021, gemeinsam mit Annett Busch).
Details
Gespräch auf Deutsch mit Übersetzung in englische Sprache.
Anfahrt
Friedrich-Ebert-Straße 3, 34117 Kassel