Veranstaltung
lumbung Film: After Cinema #1
Diese Veranstaltung findet im Rahmen von Meydan #3 statt. Neben dem lumbung Film-Programm umfasst Meydan #3 ein Harvest Festival, den lumbung Kios Pop-Up-Markt, das RomaMoMA Straßenfest und mehr.
lumbung Film: AFTER CINEMA #1
Filmvorführungen und Performances
Ist der Kinobesuch eine intime oder kollektive Erfahrung? Endet ein Film mit seiner letzten Einstellung oder beginnt er erst wirklich, wenn nach der Vorstellung die Lichter angehen? Diese Fragen stellt lumbung Film – After Cinema. Die Veranstaltungsreihe lädt Autor*innen und Künstler*innen ein, die Bilder, Klänge, Worte, Stimmungen und Gefühle zu verhandeln, die die im Gloria-Kino gezeigten Filme aus dem lumbung Film-Archiv aufrufen.
Das von Azin Feizabadi konzipierte 93-minütige Filmprogramm umfasst sechs fiktionale, dokumentarische, poetische, essayistische und experimentelle Kurzfilme aus dem lumbung Film-Archiv. Der Fokus liegt dabei auf der Frage, inwiefern der Kinobesuch eine kollektive Erfahrung ist und was nach Verlassen des Kinos passiert.
Im Anschluss an die Filmvorführung (das Programm wird Freitag bis Sonntag wiederholt) sind in Auseinandersetzung mit dieser Frage variierende Performances von Setareh Shahbazi und Neda Saeedi (bildende Künstler*innen), Cat Woywod (Klang- und Improvisationskünstlerin), Tanasgol Sabbagh (Dichterin und Spoken-Word-Performerin), Haytham El Wardany (Schriftsteller) zu sehen.
Programm am Freitag, 9. September 2022
ab 19.30 Uhr
- I Feel Nothing (8 Min.) von Jumana Emil Abboud, England, 2012
- Leafcutter (27 Min.) von Liam Morgan, Taiwan/Kanada, 2022
- Blindness of Love (2 Min.) von Yazan Khalili, Palästina, 2013
- Eleven Men (28 Min.) von Nguyen Trinh Thi, Vietnam, 2018
- Ensaio Ilú Obá de Min (2 Min.) von Graziela Kunsch, Brasilien, 2015
- Have You Ever Killed a Bear? or Becoming Jamila (25 Min.) von Marwa Arsanios, Libanon, 2014
Sprachen: Arabisch und Vietnamesisch mit englischen Untertiteln, insgesamt 93 Min.
After Cinema: Sunsets Are Not Overrated: Performative Projektionen von Setareh Shahbazi und Neda Saeedi (20 Min.)
Über die Filme
Eine Dynamik von Beziehungen – zwischen Mensch und Natur, Mensch und Mensch, Kamera und Subjekt oder einer Filmfigur und ihrem Selbst – die gleichzeitig Liebe und Schmerz aufrufen kann.
I Feel Nothing (8 Min., Jumana Emil Abboud, Vereinigtes Königreich, 2012)
Ein Videogedicht, eine Untersuchung des Tastsinns. Eine Beziehung wird nacherzählt, doch es bleibt unklar, ob zwischen einem Mann und einer Frau, Leben und Tod, Vergangenheit und Gegenwart oder Individuum und Heimat.
Leafcutter (27 Min., Liam Morgan, Taiwan/Kanada, 2022)
Leafcutter bedient sich der Sprache des Slow Cinema und des magischen Realismus. Der Film erzählt von der Isolation zweier Fremder, die sich am selben Ort befinden und doch getrennt sind. Dabei entfaltet sich ein Bild ihrer Beziehung zueinander und zu ihrer urbanen und natürlichen Umgebung.
Blindness of Love (2 Min., Yazan Khalili, Palästina, 2013)
Flimmern. Einstellung für Einstellung. Ein langer Satz, Wort für Wort, in schnellem Rhythmus. Dieses Video entstand aus überbelichteten Fotos, die zurückbleibenden weißen Stellen erzählen von einer verlorenen Liebe. „How does one regard the pain of the self?“
Eleven Men (28 Min., Nguyen Trinh Thi, Vietnam, 2018)
Aus Found Footage entstand Eleven Men, eine Verfilmung von Franz Kafkas Kurzgeschichte „Elf Söhne“ von 2020. Der Film collagiert Szenen aus klassischen, meist staatlich produzierten vietnamesischen Erzählfilmen. In jeder der Szenen ist dieselbe Schauspielerin, Nhu Quynh, zu sehen, elf weitere Darsteller*innen spielen ihre Liebhaber*innen.
Ensaio Ilú Obá de Min (2 Min., Graziela Kunsch, Brasilien, 2015)
Vor dem Hintergrund der zunehmenden Privatisierung öffentlichen Raumes und der Zwangshospitalisierung von Crack-User*innen begleitet der Film eine Probe der Perkussionsgruppe Oba de Min in Vale do Anhangabaú, São Paulo. Die Kamera ist dabei auf eine Trans-Frau gerichtet, die in der Gegend lebt und den Bildraum für sich beansprucht.
Have You Ever Killed a Bear? or Becoming Jamila (25 Min., Marwa Arsanios, Libanon, 2014)
Wir sehen alte Ausgaben des pan-arabischen Kulturmagazins Al-Hilal, das während des Algerienkrieges regelmäßig die Revolutionärin und Freiheitskämpferin Djamila Bouhired als Vorbild für arabische Frauen feierte. Eine Schauspielerin, die Bouhired verkörpern soll, hält Magazincover in die Kamera. Aus verschiedenen Darstellungen Bouhireds im Kino und ihrer Popularisierung durch die Zeitschrift entwickelt die Performance eine Erzählung der Geschichte sozialistischer Projekte in Ägypten und anti-kolonialer Kriege in Algerien und ihrem Beitrag zur Förderung und Marginalisierung feministischer Projekte.
Über die Künstler*innen
Setareh Shahbazi kompiliert und überschreibt Mikronarrative durch Beobachtungen, Kollaborationen, visuelle Anmerkungen und gefundene Fotografien. Für die Vorstellung der Fotografie als Spiegel der Realität hat sie dabei wenig übrig. Stattdessen entlehnt sie Details aus in Privatsammlungen und öffentlichen Archiven gefundenen Fotos. Ihr Versuch, vielfach gebrochene Erzählungen und (un-)mögliche Übersetzungen in andere Kontexte, Zeitlichkeiten und Sprachen zu fassen, führt zu ständigen Perspektivwechseln, in der ihre Beobachtungen ein fiktives Nachleben entwickeln. Shahbazi studierte Szenografie, bildende Kunst und Medientheorie an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe. Über Beirut, Teheran und Kairo kam sie nach Berlin, wo sie heute lebt und arbeitet.
Neda Saeedi lebt als bildende Künstlerin in Berlin. In ihren Skulpturen und Installationen untersucht sie den geschichtlichen und politischen Gehalt von Materialien sowie die physischen Beziehungen von Objekten und Körpern. Dabei greift sie unter anderem auf den Symbolismus von Architektur und Stadtplanung zurück. Begleitend zu ihrer multi-medialen Einzelausstellung Two Shades of Green in der Teheraner Argo Factory erschien bei der Pejman Foundation das bilinguale, dialogbasierte Künstlerinnenbuch Return to Neverland. Derzeit lebt Saeedi als Stipendiatin der Villa Romana in Florenz.
lumbung Film: AFTER CINEMA wurde von Azin Feizabadi konzipiert
Azin Feizabadi ist Filmemacher, bildender Künstler und DJ. 2019 stellte er seinen ersten Langfilm UCHRONIA vor. Im selben Jahr erschien bei Archive Books zum zehnjährigen Jubiläum seines Langzeitprojekts A Collective Memory das Buch After Cinema – Fictions from A Collective Memory mit experimentellen Essays, Kurzgeschichten, Gedichten und Drehbüchern von Nanna Heidenreich, Ashkan Sepahvand, Jan Verowert, Sarah Rifky, Rasha Salti und Shahab Fotouhi. Feizabadi ist Mitglied im Auswahlgremium der Berlinale Shorts und im Programmteam des Kasseler Dokumentarfilm- und Videofests.
Anfahrt
Friedrich-Ebert-Straße 3, 34117 Kassel